Drei Dinge springen dem Betrachter ins Auge: unten der gefesselte Jüngling, eigentlich vertrauensvoll dem Vater gegenüber, nun aber doch mit Zweifel erfüllt – in der Mitte das spitze, zur bösen Tat erhobene Schlachtmesser – oben der durchdringende Blick des Engels, der dem verdutzten Abraham zuzurufen scheint: „Was machst denn du da, bist du verrückt geworden?“
Bekanntlich wird diese grauenvolle Geschichte so erklärt, dass Gott die damals noch weit verbreitete Sitte der Opferung des Erstgeborenen endgültig verbietet. An dessen Stelle soll ein Tieropfer (im Hintergrund des Bildes wartet schon ein Widder) dargebracht werden.
Im Blick Abrahams kommt dieses Erwachen des verblendeten Geistes zur klaren Erkenntnis des Richtigen zum Vorschein. In diesem Blick ist die ganze Qual erkennbar, die den Vater auf seinem Opferweg mit dem Sohn durchgemacht hat. Er kann es aber noch kaum fassen, dass er von diesem traditionellen Fluch befreit werden soll. Wirklich? Habe ich richtig verstanden? So muss ich das nicht tun? So darf ich meinem Herzen folgen?
Wenn doch die Menschheit ein für alle Mal aus diesem Beispiel die Lehre gezogen hätte: nie mehr ein Menschenopfer, und wäre es auch für die gerechteste, für die heiligste Sache! Aber nein! Die Menschheit hat in den Tausenden von Jahren seither nichts gelernt. Sie steht mit blutverschmierten Händen vor uns und fühlt sich noch gut dabei! Nach wie vor werden tausende von Söhnen von ihren eigenen Vätern in den Krieg geschickt und geschlachtet, angeblich, weil es die Ehre des Volkes oder gar der Wille Gottes so gebietet. Grauenhafte Verblendung! Wann hört ihr endlich damit auf? Wann kommt ihr zur Vernunft? Habt ihr denn kein Herz im Leib?
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