Da sehen wir nun die konkrete Folge: Jesus ist von den jüdischen Autoritäten Pilatus, dem römischen Statthalter vorgeführt worden, der nun über sein Schicksal zu befinden hat. Wir werden Zeugen der Entscheidung: Pilatus, unter Druck gekommen von der gegen Jesus aufgebrachten Menge, gibt den Rebellen Barabbas frei und verurteilt Jesus zum Tode. Jesus wird von einem Soldaten gefesselt und abgeführt, Barabbas sieht Pilatus frech ins Gesicht.
Was mich am meisten beeindruckt an Leives Bild ist die Tatsache, dass er Jesus und Barabbas zum Verwechseln ähnlich dargestellt hat. Das scheint mir eine geschickte Wiedergabe. Denn für die Zeitgenossen von damals (und von heute?) war es nicht von vornherein klar, wer von den beiden nun der Schlimmere – oder der Bessere! – war. In solchen Fällen ist es immer eine ganz persönliche Entscheidung, für wen man Partei nimmt. Für beide waren Argumente für und wider ihr Auftreten und Handeln aufzubringen. Und dann siegt eben die eine oder andere Partei; zu Recht oder zu Unrecht, das wird erst die Geschichte erweisen.
Sagen wir noch ein Wort zu Pilatus. Der Arme scheint wirklich sehr vom Gewissen geplagt. Er selber fand ja eigentlich gar nichts Verwerfliches an Jesus – darum wäscht er sich die Hände in Unschuld. Aber ein Politiker muss Realpolitik treiben, oft gegen seinen Willen und gegen seine innerste Überzeugung.
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