Der Seher hat eine ganz gewaltige Vision. Er steht am unteren Bildrand ganz verdutzt und hat die Hände vor seinen Mund erhoben!
Ulrich Leive gibt die Vision in allen Details wieder. Die obere Bildhälfte wird dominiert vom Weib, das mit der Sonne gegürtet ist; diese bildet gleichsam ihren Bauch, in dem das Sonnenkind auf seine Geburt wartet. Die Frau steht über dem Mond und hat zwölf Sterne über ihrem Haupt: also eine wichtige, himmlische Erscheinung.
Diese Erscheinung erregt den Zorn des siebenhäuptigen Drachenungeheuers unter ihr, das mit Feuerspeien, zehn Hörnern und scharfen Klauen nach ihr greifen will; zudem schlägt es mit seinem Schwanz, links zu sehen, die Sterne vom Himmel.
Es ist ein mythischer Weltkampf im Gange. Sozusagen Gott gegen Teufel. Leives Bild deutet auch schon die Fortsetzung an: das geborene Kind mit seiner Mutter wird gerettet dank dem Eingreifen des Erzengels Michael, der mit seinen Engelscharen im Hintergrund sichtbar wird und das Ungeheuer erlegen wird. Die Szene wird als Ikone berühmt werden als „Michael der Drachentöter“ (5 Bilder von Ulrich Leive).
Ist mit dem Weib und ihrem Kind Maria mit ihrem Sohn Jesus gemeint? Oder handelt es sich um die kosmische Kirche, aus deren Schoß der Erlöser hervorgeht? Schwer zu sagen; die Exegeten streiten sich um eine eindeutige Auslegung. Aber Eindruck macht die Vision allemal!
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