Neben die Idylle der Weihnachtsgeschichte tritt die schreckliche Wirklichkeit der Weltgeschichte. Herodes fühlt sich betrogen, dass die Weisen nicht mehr bei ihm vorbeigekommen sind, um ihm mitzuteilen, wo sich das angebliche Königskind befindet, das seinen Thron bedroht. Da sieht er nur noch ein Mittel, sein Regierungsmonopol sicherzustellen: er muss alle Knäblein bis zum Alter von zwei Jahren in Bethlehem töten lassen, damit diese ominöse Konkurrenz garantiert beseitigt wird.
Gedacht, getan. Wir sehen auf dem Bild Leives die katastrophalen Folgen dieses Machtkampfes. Die Reiter sind in Bethlehem angekommen und beginnen nun, ihr grauenhaftes Handwerk auszuüben. Es herrscht ein unglaubliches Gemenge, man hört das Geschrei der Frauen und Kinder. An verschiedenen Orten sieht man die Dolche der Soldaten blitzen, überall sind verzweifelte Frauengesichter, die um Erbarmen bitten, die ihre Säuglinge zu schützen versuchen, oder die schon trostlos in Ohnmacht sinken, weil ihr Kind tot ist. Auch im Hintergrund des Bildes ist das Schlachten in vollem Gang.
Man versteht, dass der Evangelist die Prophezeiung des Jesaja zitiert: „Ein Geschrei war zu hören in Rama, lautes Weinen und Wehklagen, Rahel weinte um ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn da sind keine mehr“. Noch heute zeigt man das Grab Rahels bei Bethlehem.
Der Rahmen für die Jesusgeschichte ist gegeben: der Friedefürst tritt in eine Welt voll Gräuel. Er wird selbst von ihr zermalmt werden.
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